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    Imprägnierung – so gut wie neu!

    Chris Eisenmann
    Chris Eisenmann

    Vor ein paar Jahren trug ich meine neue wasserdichte Jacke das erste Mal im Regen. Herrlich, wie das Wasser auf der Oberfläche abperlte. So muss es sein. Es sah aus wie abperlendes Wasser auf dem frisch polierter Lack eines Autos. Naja, die Jacke war ja auch nicht ganz billig. Das muss sie schon können.

    VOLLGESAUGT, KALT UND KLAMM

    Doch nach einigen Tagen heftigen Einsatzes draußen beim Wandern in den bayerischen Voralpen und beim Spazierengehen mit meinem Hund an der Mangfall sah das nicht mehr so toll aus: Das Wasser perlte nicht mehr ab und an manchen Stellen saugte sich der Oberstoff sogar voll. Und ehrlich gesagt fühlte es sich jetzt auch nicht mehr so gut an im Regen, irgendwie kalt und klamm. Die Jacke wurde spürbar schwerer und ich hatte auch so ein Gefühl, dass das Material nicht mehr ganz dicht ist. So ein Mist. Dabei hatte ich mich extra für ein hochwertiges und auch nicht gerade günstiges Modell entschieden. „Naja, was soll’s“, dachte ich, „dann muss ich eben nachimprägnieren“. Gesagt, getan. Schnell zum Sport Schuster und ein Imprägnier-Spray gekauft, Jacke gewaschen, eingesprüht, trocknen lassen und dann gleich ausprobiert.

    Und? Funktioniert: Das Wasser perlt wieder ab. Doch das Tragegefühl war trotzdem ein anderes. Irgendwie wird das nie mehr so wie als die Jacke fabrikneu war. Freilich, das Teil war wasserdicht und es kam tatsächlich kein Tropfen in die Jacke. Aber „gut anfühlen“ geht anders. Dieses fiese kalte und klamme Gefühl war ganz schnell wieder da. Ich war unzufrieden und verunsichert: Hätte ich die Jacke vielleicht lieber nicht waschen sollen? Mir war klar, dass eine Imprägnierung mit der Zeit nachlässt. Diese dünne und unsichtbare Beschichtung liegt ja nur auf der Oberfläche. Klar, dass das nicht ewig hält. Aber irgendwas müssen die Leute in der Fabrik anders machen, dachte ich mir, und machte mich auf die Suche.

    Als Produktspezialist bei Gore entwicklet Chris die GORE-TEX Bekleidungstechnologien von Morgen.

    EINE UNTERSUCHUNG MUSSTE HER

    Bei Gesprächen mit Anwendern und meinen Kollegen wurde mir schnell klar, dass es viele Jackenträger gab, die das gleiche Erlebnis hatten: „Das wird nie mehr so gut wie neu“, war der gemeinsame Tenor. Wir haben deswegen eine Untersuchung gestartet. Zunächst ist uns folgendes klargeworden: Bei der Herstellung eines neuen Obermaterials handelt es sich um einen neuen und sauberen Stoff. Ist das, was ich da als nasse Jacke aus meiner Waschmaschine hole, sauber? Eigentlich schon, aber es gibt doch einen Unterschied: Es riecht stark nach Waschmittel. Moderne Waschmaschinen zeichnen sich durch einen niedrigen Wasserverbrauch aus. Das führt jedoch dazu, dass Waschmittelrückstände im Gewebe bleiben. Ein Waschmittel macht aber genau das Gegenteil eines Imprägniermittels, es wirkt als Benetzungsmittel und zieht das Wasser an. Wir müssen also dafür sorgen, dass die Waschmittelrückstände so weit wie möglich wieder entfernt werden nach der Jackenwäsche. Dann wollten wir aber auch wissen, was die Hersteller der Oberstoffe genau machen und wir haben folgendes herausgefunden: Das Imprägniermittel wird flüssig aufgetragen und dann durch einen Heizofen gejagt. Ein Hitzeprozess war notwendig, um die wasserabweisenden Eigenschaften zu erreichen. Einen Hitzeprozess hatte ich bei der Pflege meiner Jacken aber bisher nicht angewandt. Und noch etwas haben wir festgestellt: Bei den meisten gebrauchten Jacken und Hosen mit schlechten Abperleigenschaften, die wir untersucht haben, war noch immer genügend Imprägniermittel auf der Oberfläche vorhanden.

    Kann man damit noch was anfangen? Was, wenn wir die Teile noch einmal durch den Hitzeprozess führen? Und siehe da: Das Wasser perlte wieder ab. Bei manchen Teilen war die Imprägnierung aber so weit in Mitleidenschaft gezogen worden, dass sie erneuert werden musste.

    SO WIRD ES WIEDER SO GUT WIE NEU

    Die richtige Pflege verlängert nicht nur die Lebensdauer der Bekleidung, sie kann auch die Imprägnierung reaktivieren. Das gute an diesen Erkenntnissen war, dass ich sie alle ganz leicht auch zu Hause ausprobieren konnte. Dazu brauchte ich kein Labor. Es funktionierte und es ergaben sich für mich ein paar ganz einfache Regeln zur Pflege:

    Teil ist noch sauber, aber Wasser perlt nicht mehr ab:

    Trockenes Bekleidungsteil für 20 Minuten in den Wäschetrockner bei 60°C/ein Punkt (Hitzeprozess)

    Teil muss gewaschen werden:

    •    Bekleidungsteil Waschen bei 40°C mit Flüssigwaschmittel

    •     2 zusätzliche Spülvorgänge

    •    Schleudern bei 400 Touren

    •    Trocknen, am besten an der Leine

    •    Trockenes Bekleidungsteil für 20 Minuten in den Wäschetrockner bei 60°C/ein Punkt (Hitzeprozess)

    Wasser perlt nicht mehr ab, auch nicht nach Hitzeprozess:

    •    Bekleidungsteil Waschen bei 40°C mit Flüssigwaschmittel

    •    2 zusätzliche Spülvorgänge

    •    Schleudern bei 400 Touren

    •    Leicht antrocknen lassen, am besten an der Leine

    •    Auf die noch feuchte Bekleidung eine Sprühimprägnierung auftragen und diese an der Leine trocknen lassen

    •    Trockenes Bekleidungsteil für 20 Minuten in den Wäschetrockner bei 60°C/ein Punkt (Hitzeprozess)

    Ich kann jedem nur empfehlen, das einmal auszuprobieren. Es macht richtig Spaß zu sehen, wie das Wasser wieder abperlt und das Tragegefühl auch im Regen wieder richtig gut ist; so gut wie neu. Zum Imprägnieren nehme ich übrigens Grangers Produkte, weil ich damit sehr gute Erfahrungen gemacht habe.

    Mehr Tipps zur richtigen Pflege findet ihr hier

    Chris Eisenmann Chris Eisenmann

    Chris Eisenmann

    Chris entwickelt bei Gore die Bekleidungstechnologien von Morgen. Er blickt dabei gerne hinter die Kulissen: Wie funktioniert das? Warum? Wo sind die Grenzen? Was kann man besser machen? Und: Chris testet seine Erfindungen am liebsten selbst; im Winter beim Snowboarden, im Sommer beim Mountainbiken, und das ganze Jahr über beim Laufen.

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