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    Der lange Weg ins Paradies. Kalalau Trail, Hawaii.

    Nina Beer
    Nina Beer

    Wir haben einen gemeinsamen Traum: Auf den Spuren der vier Elemente Erde, Luft, Feuer und Wasser wollen wir die schönsten Trails Hawaiis erkunden. Für den GORE-TEX Blog berichten wir von unseren Erlebnissen. Das Highlight unserer Reise ist der Kalalau Trail: berühmt für seine Schönheit, berüchtigt für seine Gefährlichkeit. Es gibt einen Ort wie das Paradies: mitten im Ozean, tausende Kilometer vom Festland entfernt. Ein weißer Strand, geschützt von schroffen Klippen. Am Ende des Strandes stürzt ein Wasserfall vom Fels. Eine Handvoll Glücklicher lebt dort in Zelten und von Früchten, die auf verwilderten Plantagen wachsen. Was uns eine Freundin vom Kalalau Strand erzählt, klingt fast zu paradiesisch, um wahr zu sein. Aber - wie kommt man eigentlich an solch einen entlegenen Ort? Als wir das hören, packt uns die Abenteuerlust endgültig: Ein Trail, 11 Meilen und etwa 1300 Höhenmeter entlang einer atemberaubenden Steilküste im Nordwesten Kauais. Das ist der Kalalau Trail. Vom Kee Beach geht es durch 5 Täler hindurch bis zum einsamen Kalalau Beach. Der Trail ist eine Trekkingikone, er gilt als eine der gefährlichsten Wanderstrecken der USA und zugleich als eine der schönsten. Knapp ein Jahr später wachen wir mit dem Prasseln des Regens auf unserer Zeltplane auf. Vorerst ist an Aufbruch nicht zu denken. Nach 30 Minuten lässt der Regen dann zumindest etwas nach - und wofür haben wir schließlich unsere GORE-TEX Jacken dabei? Wir ziehen uns die Kapuzen tief ins Gesicht, falten die Zeltplanen und packen unsere Rucksäcke. Nach längeren Regenfällen muss der Kalalau Trail wegen Erosion und dem schnellen Anschwellen der Flüsse regelmäßig geschlossen werden. Doch wir haben Glück: Die Wolkendecke reißt auf. Am Ausgangspunkt des Trails schultern wir euphorisch die Rucksäcke. Der steile Anstieg über glitschige Felsbrocken holt uns jedoch schnell auf den Boden der Tatsachen zurück. Der Puls schnellt in die Höhe. Anstrengend ist der Trail also von Beginn an. Nach etwa 1,5 Meilen zweigt der Weg zum Hanakapiai Wasserfall ab. Wir überqueren den gleichnamigen Fluss von Stein zu Stein balancierend. So ruhig wie heute zeigt sich der Fluss nicht immer: Im Jahr 2012 mussten hier 121 Wanderer evakuiert werden, weil die reißende Strömung eine Durchquerung über mehrere Tage hinweg unmöglich machten. Immer wieder kommt es hier zu tödlichen Unfällen. Der Werg führt vorbei am Hanakapiai Camp, die erste der drei Campingmöglichkeiten auf dem Trail. Das Gelände wird nun unwegsamer, die Vegetation dichter. Der Dschungel empfängt uns mit schattigem Grün. Am Tor zum Na Pali Coast State Wilderness Park entfaltet der Trail dann mit Wucht seine ganze Magie. In der von der Mittagssonne flimmernden Luft liegt die Natur unberührt vor uns. Die Klippen erstrecken sich in bizarren Formen hinab in die Täler. Im Ohr der eigene schwere Atem und das Rauschen der tobenden Brandung des Pazifik weit unter uns. Stets fällt der Abhang schwindelerregend steil direkt neben dem schmalen Pfad ab. Immer wieder haben kleine Erdabgänge Löcher in den Weg gerissen. Das sichere Gehen erfordert deshalb einige Konzentration. Und die gilt es über viele Stunden hinweg zu halten. So kommt es, dass der Trail mit der Zeit eine beinahe meditative Wirkung auf uns ausübt. Die konstante Anstrengung und die konzentrierte Ruhe bewirken eine Stille im Inneren. Jeder Anstieg aus dem Tal hinauf wird mit einem neuen, fesselnden Ausblick entlang der Küstenlinie belohnt. Ab Meile 7 passieren wir Crawler’s Ledge, das härteste Teilstück des Weges. Der schmale Pfad führt in 300 Fuß Höhe im Fels um die Klippen, stellenweise extrem exponiert. Steinschlag droht. Manch ein Wanderer traut sich diese Passage nur auf allen Vieren kriechend zu durchqueren. Zu diesem Zeitpunkt sind wir von der Anstrengung bereits deutlich gezeichnet. Die Traglast und der lange Marsch zehren an den Nerven. Doch all das trifft uns nicht unvorbereitet. Ja, der Kalalau Trail ist gefährlich und das Wetter hätte uns weitaus übler mitspielen können. Aber ich kann sagen: Dank des Trainings der letzten Wochen und der guten Ausrüstung haben wir den Trail wirklich genießen können, selbst in schwierigen Momenten wie diesem. Als wir die Schlüsselstelle heil hinter uns gebracht haben neigt sich die Sonne bereits zusehends, doch vor uns liegen noch drei Meilen. Im Abendlicht beginnt der Trail magisch zu leuchten. Wir wollen unbedingt vor Anbruch der Nacht den Strand erreichen und holen noch einmal alles aus unseren Beinen. Schließlich treten wir auf eine Felsnase hinaus und erblicken einen weißen Streifen in der Ferne. Im letzten Licht des Tages liegt vor uns der Kalalau Beach. Als wir endlich dort ankommen, überkommt uns ein tiefes Glücksgefühl. In den folgenden vier Tagen im Camp werden wir immer wieder Menschen im gleichen Moment beobachten können. Jeder von ihnen ist an seine Grenze gegangen, alle haben dieses Staunen und den Ausdruck tiefer Glückseligkeit auf dem Gesicht. Darin liegt die wahre Schönheit dieses Ortes. Der Kalalau Trail hat uns gezeigt: Es braucht ein bisschen Abenteuerlust, den Willen, die eigenen Grenzen zu testen und Ausrüstung, auf die man sich verlassen kann. Dann wartet am Ende das Paradies.

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    Nina Beer

    Für ihre Ideen mit überzeugenden Geschichten in Wort und Bild zu begeistern - das ist der Arbeitsalltag der Münchner Konzeptionerin Nina Beer. Die besten Ideen kommen ihr in der Natur.Beim Running nach der Arbeit oder auf ausgedehnten Touren in den bayerischen und Südtiroler Bergen. Hier ist sie beim Wandern, mit dem Mountainbike und neuerdings auch auf Tourenskiern unterwegs. Von ihren Fernreisen nach Tansania, Myanmar, Chile oder Hawaii kehrt sie mit dem Kopf voller Abenteuer und Geschichten zurück - und stets auch schon mit Plänen für die nächste Reise. Meistens begleitet sie dabei der Südtiroler Fotograf Manuel Ferrigato.

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