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    GORE-TEX Transalpine-Run – Etappe 6 & 7

    Team Gore
    Team Gore

    Etappe 6

    ©www.wisthaler.com_16_09_tar_07_HAW_0626_ziel Pic: Harald Wisthaler[/caption] Anstatt einen Tag alles zu geben und dann auszuschlafen und dem Körper die nötige Regeneration zu gönnen, stecken wir in einem Tunnel. Für Außenstehende ist der Mikrokosmos Transalpine-Rund, in dem wir uns eine Woche lang bewegen, schwer zu beschreiben. Telefoniere ich mit meiner Frau in der „echten“ Welt, habe ich täglich gar nicht so viel Neues zu erzählen. Unser Tagesablauf ist im Vergleich zum Alltag zuhause auch sehr reduziert, daher ein kurzer Abriss eines typischen Tags beim Transalpine-Run: Der Morgen startet unweigerlich mit dem Wecker, sehr früh stehen wir auf, packen Laufrucksack und Reisetasche, und frühstücken zu Zeiten, in denen ich normalerweise gar nichts runterbekomme, fahren zum Start, frieren im Morgengrauen, füllen unsere Trinkflaschen, justieren noch diverse Blasenpflaster, durchlaufen die Ausrüstungskontrolle und rennen im Morgengrauen aus dem Ort.

    Stage 7 of the GoreTex TransAlpine Run from Sarnthein to Brixen (Italy), on 10 September 2016 Pic: Kevin Trautmann

    Der sechste und vorletzte Tag führte uns von St. Leonhard im Passeier nach Sarntheim. Uns wurde eine der schönsten Teilstrecken der gesamten Woche geboten, aber knapp 34 km mit 2.440 Höhenmetern im Aufstieg sind nach fünf Tagen kein Spaziergang mehr. Xiao Bin hatte beim Briefing am Vorhaben dann doch kurz große Augen gemacht, als das Foto des Schlussanstiegs zur Hirzer Scharte (2683m) gezeigt wurde. „Oh, I will need my hands, hm?“ Letztlich war ich ehrlich gesagt überrascht, wie locker er die 600 Höhenmeter durch Schotter und Gestein hinter sich brachte, trotz kleiner Klettereien auf den letzten Metern. Er nahm diese alpinistischen Einlagen deutlich cooler mit, als es noch auf der dritten Etappe der Fall gewesen war. In Südtirol finden sich sensationell schöne Höhenwege und so schlängelte sich der weitere Weg durch die Berge oberhalb Merans um uns schließlich im Sarntal auszuspucken. Ein Tag noch, nur noch ein Tag! Team Bingo würde sich wohl morgen wirklich Finisher schimpfen dürfen – als zufällig zusammengewürfeltes Team, bei dem beide Läufer ihren ersten GORE-TEX Transalpine-Run absolvierten. (Angeberei am Rande: wir hatten es endlich geschafft und waren im Ranking in den Top 100 gelandet, während ca. 70 Teams bereits ausgestiegen waren.) 

    Etappe 7

    Pic: Lars Schneider
    Pic: Lars Schneider

    100 Höhenmeter sollten uns erspart bleiben, da die Strecke aufgrund der Gewitterwarnungen für den Nachmittag leicht abgeändert worden war: Statt am Grat entlang würden wir etwas tiefer bleiben – Safety first. Somit standen uns auf der 37 km langen letzten Etappe von Sarntheim nach Brixen „nur“ 1.800 Höhenmeter im Aufstieg und ein langer und technischer Downhill von 2.300 Höhenmetern im Weg. Theoretisch wäre wohl die komplette Strecke laufbar gewesen, theoretisch! Aber in der Mischung aus Euphorie („Bald geschafft!“) und Müdigkeit („Schon wieder laufen?“) dauerte es lange, bis unsere Körper wirklich in Schwung kamen. Wir stapften ziemlich schweigsam mit unseren Stöcken bergauf und erst nach der zweiten Verpflegung bei Kilometer 16 begann es wieder Spaß zu machen – der Höhenweg mit Blick auf die Dolomiten war aber auch einfach zu schön, um sich in selbstverschuldetem Leid zu suhlen. Sebastian_Huber_04 Apropos selbst verschuldet: nachdem ich am ersten Tag vergessen hatte, meine Füße gegen Blasen zu tapen, durfte ich mich den Rest des TARs natürlich mit solchen plagen. Am letzten Tag wählte ich meine Schuhe, die eine halbe Größe größer sind, um meine Füße etwas zu schonen. Eine halbe Größe größer heißt aber auch eine halbe Größe länger ... und dieser halbe Zentimeter reichte aus, dass ich nach sechs Tagen ohne ernste Probleme dann doch noch einen Sturz fabrizierte. Fuß nicht hoch genug gehoben, an einem Stein hängengeblieben und ungebremst der Länge nach aufgeschlagen. Schienbein blutig, Kinn dank Bartpolsterung nur leicht blutig, Stock angebrochen, Bauch und Oberschenkel verschrammt.

    Sebastian hat das Ziel vor Augen. Pic: Klaus Fengler

    Aber im Gegensatz zu einem Läufer, der am Vortag mit dem Gesicht auf die Steine gefallen war, landete mein Kopf nur im Dreck. Glück gehabt und somit nur Stock und Stolz ein wenig geknickt. Und dann der letzte Downhill, 1.800 Höhenmeter auf 10 Kilometern bergab. Ein letztes Mal die schmerzenden Oberschenkel ignorieren und heil vom Berg kommen. Auf den letzten fünf Kilometern begann der Schilder-Countdown: 5 km to go, 4 km to go, 3 km... Xiao Bin und ich wussten es nun: Wir hatten es geschafft! Bauernhöfe, Kirche, Häuser, wir waren in Brixen und hatten sogar noch die Kraft ins Ziel zu sprinten, keine Ahnung woher. 160910_152406 Aus, vorbei, Finisher-Medaille, Bier (dieses Mal „mit“), Eis, Umarmungen, Freude, Glückwünsche, High-Fives, Kratzer desinfizieren lassen, Dolce Vita in Bressanone. Und ganz langsam dämmert einem, dass man morgen einfach mal nicht laufen muss. Und feiern kann! Xiao Bin, danke! Danke für diese Woche, für diese Erfahrung. Alles Gute für deine kommenden Marathons auf der ganzen Welt und gute Reise! Nachtrag: Würde ich es wieder machen? In diesem Moment, in dem ich mit geschwollenen Füßen am Schreibtisch sitze und mir außer FlipFlops keine Schuhe wirklich passen, will ich noch nicht einmal ans Laufen denken. Die Gassirunde mit dem Hund reicht mir erst einmal, reicht mir wahrscheinlich auch noch in den nächsten Tagen – aber Blasen heilen ja recht schnell, und meine Trainingsrunde hinter dem Haus fehlt mir jetzt schon langsam wieder. Und weit hinten in meinem Kopf flüstert eine Stimme, dass man in einem eingespielten Team vielleicht doch noch einmal versuchen sollte, diesen Lauf im schnellstmöglichen Tempo anzugehen ...

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